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RECHTSTIPP 09/2016 - Raub- oder Trickdiebstahl?

Diesem Tipp liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine Klägerin nimmt ihre Hausratversicherung als Beklagte in Anspruch. Ihr, der Klägerin, ist in einem Flughafenparkhaus eine Tasche nebst Inhalt entwendet worden. Sie hat noch am gleichen Tag Strafanzeige erstattet, zwischen den Parteien ist streitig gewesen, wie sich die Entwendung im Einzelnen abgespielt hat, insbesondere, ob es sich um einen bedingungsgemäßen Raub oder lediglich einen Trickdiebstahl im Sinne der Hausratversicherung, die die Klägerin bei der Beklagten abgeschlossen hatte, gehandelt hat.

Das zuständige Landgericht hat die Klage abgewiesen, die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist beim Oberlandesgericht erfolglos geblieben.

Hierzu hat das OLG folgenden Leitsatz verfasst:

 „Eine Beraubung im Sinne des Versicherungsrechtes liegt –bei Vereinbarung entsprechender Bedingungen- nicht vor, wenn ein Gegenstand plötzlich weggerissen, dabei aber kein bewusster Widerstand überwunden wird; werden versicherte Sachen ohne Überwindung eines bewussten Widerstandes entwendet,

handelt es sich um einen -nicht versicherten- einfachen Diebstahl bzw. Trickdiebstahl.“

Hierzu hat das OLG unter anderem in den Gründen ausgeführt:

Die Klägerin sei als Partei des Rechtsstreites zum Tatgeschehen anzuhören gewesen. Wenn ein Versicherungsnehmer bei der Tat allein ist, hat er auch gar keine andere Chance, das Tatgeschehen zu beweisen. Das OLG hat weiter ausgeführt, in die Beweisführung des Versicherungsnehmers für einen Raub seien keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Ausreichend sei es, dass solche Tatumstände festgestellt werden könnten, denen hinreichend deutlich das äußere Bild eines Versichertenraubes entnommen werden könne. Nur wenn ein Versicherungsnehmer von vornherein als persönlich unglaubwürdig erscheine, wofür aber konkrete Tatsachen unstreitig oder bewiesen sein müssten, könne auf die Anhörung als Partei verzichtet werden.

Hierbei hebt das OLG hervor, eine abweichende vorprozessuale Schilderung führe im Allgemeinen nicht dazu, die Glaubwürdigkeit einer Partei vor ihrer Anhörung in Abrede zu stellen. Erst wenn eine Partei persönlich vom Gericht angehört worden sei, könne es sich eine richterliche Überzeugung von der Glaubwürdigkeit verschaffen.

Bei all dem drängt sich auf, wie filigran die Unterscheidung ist, ob nun ein bewusster Widerstand durch den Täter überwunden worden ist oder nicht. Dies macht aber auch deutlich, wie wichtig bereits die erste Schadensmeldung an die Versicherung ist. Man kann sich vorstellen, dass die Klägerin im eingangs geschilderten Fall bei ihrer Anzeige noch am Tag der Tat aufgeregt und nervös gewesen ist, dann wirklich die filigrane Schilderung abzugeben, die in das Schema der Versicherungsbedingungen passt, ist vom Laien kaum zu bewältigen. Auch wenn das OLG in seinen Ausführungen unter anderem feststellt, eine abweichende vorprozessuale Schilderung (nichts anderes ist die Schadensmeldung) stehe der Glaubwürdigkeit eines Versicherungsnehmers nicht unbedingt entgegen, so hat diese erste Schilderung doch nachhaltigen Indiz-Charakter. Es verhält sich ähnlich wie mit ersten Äußerungen an der Unfallstelle gegenüber herbeigerufenen Polizeibeamten, man wird sie nicht mehr los!

Ich will mit diesem Tipp keineswegs dem Versicherungsbetrug Vorschub leisten. Nur wer die vielen Deckungsablehnungen von Versicherern kennt, weiß, wie wichtig es ist, sich von vornherein richtig aufzustellen. Hier kann der jeweilige Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler bei der Schadensmeldung Hilfe leisten, denn er hat in aller Regel Erfahrung, Kenntnis und leidet nicht unter den noch akuten Einflüssen einer Straftat.

Rechtsanwalt Thomas Stein Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! (Dieser Rechtstipp ist mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Eine Haftung für seinen Inhalt wird nicht übernommen.)