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Rechtstipp 7/2015 - Internationales Erbrecht

Am 17.08.2015 tritt die neue Erbrechtsverordnung der Europäischen Union in Kraft. Sie kann gravierende Konsequenzen sowohl im Erbrecht als auch im Erbschaftssteuerrecht haben.

Nach dieser neuen Erbrechtsverordnung haben europäische Mitbürger die neue Möglichkeit durch die Wahl ihres letzten Wohnortes („gewöhnlicher Aufenthalt“) zu bestimmen, welches Erb- und Erbschaftssteuerrecht nach dem Tod gelten. Wenn man zum Beispiel bedenkt, dass ein Land wie Österreich keine Erbschaftssteuer erhebt, dann lässt sich ohne weiteres vorstellen, wie lukrativ der Wohnsitzwechsel für die Hinterbliebenen sein kann. Mir ist ein konkreter Fall zu Ohren gekommen,

wonach nach dem Tode eines Unternehmers durch rechtzeitige Verlagerung seines Unternehmens nach Österreich Erbschaftssteuer in der Größenordnung von 50 Mio. Euro gespart worden sein soll.

Mit der neuen Verordnung lassen sich oft unbeliebte Konsequenzen vermeiden. Man muss sich nur vorstellen, dass es Länder gibt, die kein Pflichtteilsrecht kennen! In England beispielsweise fallen Pflichtteilsrechte viel geringer als in Deutschland an. Je nachdem, um welche Summen es geht, kann dies einen Umzug ernsthaft erwägen lassen.

Andererseits sollten auch die Betroffenen auf der Hut sein, die in ein anderes Land umziehen. So gibt es beispielsweise in vielen anderen europäischen Ländern kein gemeinschaftliches Testament. Italien beispielsweise erkennt selbst notarielle gemeinschaftliche Testamente nicht an. Im spanischen Erbrecht erben die Kinder sofort, der hinterbliebene Ehegatte erhält ein Nießbrauchsrecht an einem Teil des Nachlasses.

Dabei ist zu bedenken, dass es in Spanien kein einheitliches Erbrecht gibt, es ist von Region zu Region verschieden.

Die tatbestandliche Voraussetzung „gewöhnlicher Aufenthalt“ wird somit in Zukunft sehr große Bedeutung erlangen. Logischerweise gibt es im Moment noch keinerlei Erfahrung mit gerichtlichen Entscheidungen, ob der Begriff von Land zu Land verschieden ausgelegt wird, ob es eines Tages ein Grundsatzentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof geben wird, steht zur Zeit in den Sternen. Als sicher kann im Moment nur angesehen werden, dass allein die Meldung beim Einwohnermeldeamt für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes nicht genügen wird.

Bei all dem kann allen Betroffenen im Moment nur geraten werden, rechtzeitig fachlichen Rat einzuholen, wenn es Berührungspunkte zum Ausland gibt. Schlussendlich ist die Möglichkeit anzusprechen, dass jeder Betroffene auch die Möglichkeit einer Rechtswahl hat, er kann für seine erbrechtlichen Regelungen das Recht des Staates wählen, dem er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt seines Todes angehört. Bei Mehrstaplern kann jedes Heimatrecht gewählt werden. Die Rechtswahl muss in einer wirksamen letztwilligen Verfügung enthalten sein. Sie kann auch in einem schon vor dem 17.08.2015 errichteten Testament enthalten sein.

Rechtsanwalt Thomas Stein Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
(Dieser Rechtstipp ist mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Eine Haftung für seinen Inhalt wird nicht übernommen.)