Ich berichte über eine kürzlich ergangene Entscheidung des OLG Koblenz, der folgender Sachverhalt zugrunde gelegen hat:
Die Eltern werden geschieden, dem Vater wird das Sorgerecht übertragen. Dann verstirbt die Mutter, die Klägerin, eine inzwischen 41-jährige Frau, wird zusammen mit zwei Geschwistern testamentarische Miterbin. Der Vater nimmt den Nachlass in Besitz und veräußert noch vor der Volljährigkeit der Tochter einzelne Nachlassgegenstände. Ein Nachlassverzeichnis legt er dem zuständigen Gericht über den verwalteten Nachlass vor. Angaben zu Hausrat, Kunstgegenständen und Schmuck der Erblasserin fehlen jedoch ebenso wie Wertangaben, obwohl die Erblasserin eine Gaststätte und ein Kunstgewerbe betrieben hatte.
Nachdem die Tochter jetzt erfährt, dass sie testamentarische Miterbin geworden ist, erhebt sie eine sogenannte Stufenklage, also auf Erteilung von Auskunft,
Rechnungslegung und Herausgabe von Vermögensgegenständen nebst Zahlung gegen den Vater. Dieser beruft sich auf Verwirkung, weil seine Tochter über zwanzig Jahre bis zur Anmeldung ihrer Ansprüche gewartet habe. Das Gericht hat ihm nicht Recht gegeben und ihn verpflichtet, zunächst Auskunft und Rechnungslegung zu erteilen bzw. vorzunehmen.
Das OLG Koblenz weist in seiner Entscheidung daraufhin, dass Eltern das ihrer Verwaltung unterliegende Vermögen, welches ein Kind von Todes wegen erwirbt, zu verzeichnen und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu versichern hat. Das vom Vater vor Jahren vorgelegte Nachlassverzeichnis hat diese Anforderung nicht erfüllt. Gegenstände sind so genau aufzulisten, dass sie zweifelsfrei identifiziert werden können. Bei Forderungen sind auch die Urkunden, die dazu gehören (Sparbücher, Policen, Kontoauszüge etc.) anzugeben. Für Haushaltsgegenstände muss nur der Gesamtwert angegeben werden, auf eine Einzelaufstellung kann verzichtet werden. Sind wertvolle Einzelgegenstände, z. B. Kunstwerke, im Nachlass vorhanden, so sind diese einzeln aufzuführen. Bei den einzelnen Gegenständen dürfen nach der Entscheidung des OLG Koblenz die Werte geschätzt werden, es muss nicht jeweils ein Sachverständigengutachten zum Wert eingeholt werden.
Den Einwand der Verwirkung weist das OLG Koblenz mit der Begründung zurück, dass die Klägerin von ihren Rechten keine Kenntnis hatte, da ihr ihre Erbenstellung unbekannt war und der Vater dies zu vertreten hatte, oder anders formuliert, daran allein schuld war. Was bei der Klägerin bleibt ist natürlich das Risiko, dass beim Vater unter Umständen aus wirtschaftlichen Gründen nicht viel zu holen ist, dieses Risiko kann ihr die besprochene Entscheidung nicht nehmen.
Rechtsanwalt Thomas Stein Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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