Nach Wildunfällen stellt sich so gut wie immer die Frage nach dem Versicherungsschutz. In der Vollkaskoversicherung ist ein Wildunfall stets ein Unfall und damit ein Versicherungsfall, bei dem reguliert wird.
Anders sieht es in der Teilkaskoversicherung aus. Nach den Muster-AKB besteht Versicherungsschutz nur für Schäden, die aufgrund eines Zusammenstoßes des in Bewegung befindlichen Fahrzeuges mit Haarwild eingetreten sind. Welche Tiere unter Haarwild fallen, regelt das Bundesjagdgesetz abschließend. Aus der Formulierung der Versicherungsbedingungen folgt, dass der Schaden aufgrund einer Kollision mit dem Tier eingetreten sein muss. Kommt es nicht zu einer Kollision, liegt grundsätzlich kein versichertes Risiko in der Teilkaskoversicherung vor.
Gleichwohl kann sich ein Anspruch auf Erstattung des Fahrzeugschadens im Falle des Ausweichens des Wildes und eines hierdurch eingetretenen Sachschadens am Fahrzeug unter dem Aspekt des Rettungskostenersatzes ergeben. Nach dem Versicherungsvertragsgesetz hat der Versicherer nämlich Aufwendungen des
Versicherungsnehmers zu erstatten, welche dieser zur Schadensabwehr oder Schadensminderung tätigt, auch wenn dies nicht gelingt, wenn der Versicherungsnehmer sie den Umständen nach für geboten halten durfte. Nach dem Versicherungsvertragsgesetz setzt dieser Anspruch auf Rettungskostenersatz voraus, dass die Aufwendungen des Versicherungsnehmers entweder objektiv erforderlich waren oder dass er sie den Umständen nach für geboten halten durfte. Ein Irrtum über die Gebotenheit schadet nach herrschender Meinung nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, wobei die Rettungskosten selbstverständlich nur dann erstattet werden, wenn der Versicherer bei Schadenseintritt noch leistungspflichtig wäre, es also ohne die Rettungsaktion zu einer Kollision mit Haarwild gekommen wäre. Irrt der Versicherungsnehmer über die Frage der Gebotenheit/Notwendigkeit der Rettungsaktion grobfahrlässig, dann sind die Rettungskosten zwischen ihm und dem Versicherer zu quoteln.
Gerade bei kleineren Tieren stellt sich in diesem Zusammenhang in der Regel die Frage, welche Rettungshandlung der Versicherungsnehmer für geboten halten durfte. Entsprechend der Schwere eines etwaigen Verschuldens ist der Leistungsanspruch zu kürzen. Es gibt hierzu beispielsweise eine Entscheidung des OLG Saarbrücken, die von einer Kürzung von 50 % ausgegangen ist, wenn wegen eines Tieres in der Größe eines Hasen ausgewichen wird. Höchstrichterlich ist die Frage noch nicht entschieden, inwieweit das Verkennen der Gebotenheit von Maßnahmen durch den Versicherungsnehmer zu berücksichtigen ist und inwieweit es dabei auf das Maß des Verschuldens ankommt. Dabei stellt sich eine weitere Frage:
In manchen Versicherungsbedingungen ist enthalten ein Verzicht auf den Einwand der grobfahrlässigen Herbeiführung eines Schadensfalles. Ob dieser Verzicht auf den Ersatzanspruch bei Rettungskostenersatz anzuwenden ist, wenn es um die grobfahrlässige Fehleinschätzung bezüglich der Gebotenheit einer Maßnahme geht, ist offen. Hier gibt es eine Entscheidung des OLG Koblenz, die dann von der vollen Einsatzpflicht des Versicherers ausgeht.
Von großer Wichtigkeit ist bei all dem der Inhalt der Schadensmeldung, die gegenüber dem Versicherer abgegeben wird. Es wird in der Praxis in aller Regel zweckmäßig sein, diesen Inhalt mit dem zuständigen Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler abzuklären.
Bitte unbedingt beachten: Die obige Darstellung der Rechtslage ist auf der Grundlage der sogenannten Muster-AKB erfolgt. Im Einzelfall können die Versicherungsbedingungen davon abweichen und es gilt dann eine andere Rechtslage als oben dargestellt.
Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18