In Deutschland soll es etwa 80.000 Gesetze und Verordnungen geben. Nichtsdestotrotz tauchen in der Praxis immer wieder einmal offene Fragen auf.
In einem Altenheim in der Nähe von Limburg ist kürzlich eine ältere Dame verstorben, die Taschengeld nach § 35 SGB XII bezogen hat. Es handelt sich um eine Leistung, die den Beziehern von Sozialleistungen gewährt wird als der sogenannte „angemessene Barbetrag zur persönlichen Verfügung“. Damit ist Geld gemeint, welches Bewohnern in Einrichtungen zur Deckung ihrer persönlichen Bedürfnisse gezahlt wird, deshalb wird auch der im Gesetz so nicht vorkommende Begriff des Taschengeldes verwendet.
Nun ist im Heim in der Nähe von Limburg die ältere Bewohnerin verstorben und hatte auf ihrem Taschengeldkonto noch ein Guthaben von 384,79 EUR. Erben sind keine vorhanden beziehungsweise zumindest zunächst keine bekannt gewesen. Das Heim, in dem die Erblasserin untergebracht gewesen ist, hat daher das Guthaben
vom Taschengeldkonto an den Leistungsträger, Landeswohlfahrtsverband in Wiesbaden, in Absprache mit diesem zurücküberwiesen. Der etwas später vom Amtsgericht bestellte und mit mir gut bekannte Nachlasspfleger hat den Vorgang entdeckt und mich um Rat konsultiert, ob das auf dem Konto verbliebene Guthaben nun zum Nachlass gehört oder rechtmäßig an den LWV zurückerstattet worden ist.
Obwohl ich mit Fachbüchern und Zeitschriften nicht schlecht ausgestattet bin, habe ich zu dem Problem nichts gefunden und daraufhin einen Fachbuchautor kontaktiert, von dem ich weiß, dass er zu dem Barbetrag/Taschengeld schon einmal ein Fachbuch geschrieben hat. Zusammengefasst lautet seine freundliche Antwort wie folgt:
Es hat sich bei dem Guthaben um Vermögen der Erblasserin gehandelt. Sie hat es rechtmäßig erworben, sei es durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) oder Realakt, einfache Überweisung auf das Konto. Damit sind die gezahlten Barbeträge/Taschengelder völlig rechtmäßig in das Vermögen der Verstorbenen übergegangen, sie stehen den Erben zu beziehungsweise unterliegen der Verwaltung des Nachlasspflegers, der für die unbekannten Erben eingesetzt ist.
Der von mir konsultierte Fachbuchautor hat in seiner ausführlichen Antwort auch erläutert, dass er diese Thematik in Fortbildungsveranstaltungen für Wohlfahrtsverbände und öffentliche Träger immer wieder angesprochen hat, allerdings ist er dabei eher auf Desinteresse gestoßen. Dies mag vielleicht daran liegen, dies ist aber spekulativ, dass es sich eher um kleinere 3-stellige Beträge handelt und die zuständigen Personen bei den Verbänden und Trägern sowie Heimen nur mit fremdem Geld umzugehen haben.
Dass gleichwohl rechtlich einwandfreies Handeln gefordert ist, versteht sich von selbst.
Bezüglich des Heimes, in dem die Verstorbene zuletzt untergebracht gewesen ist, hat sich übrigens herausgestellt, dass die Rücküberweisung an den LWV nicht in irgendeiner bösen Absicht geschehen ist, man hat das Geld einfach nur loswerden wollen, um die Akte schließen zu können. Die richtige Handlungsweise wäre, so lange der Nachlasspfleger nicht bestellt gewesen und die Erben nicht bekannt gewesen sind, eine Hinterlegung des Guthabens beim Amtsgericht für die unbekannten Erben gewesen.
Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18