Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hat der Gesetzgeber im Jahr 2009 das bundeseinheitliche Heimgesetz abgeschafft. Stattdessen gibt es jetzt auf Bundesebene das sogenannte WBVG, welches Vorschriften zu den vertraglichen Regelungen bei Heimverträgen und Ähnlichem vorgibt. Auf Landesebene gibt es das HGBP (Hessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen), welches Vorschriften zur Ausstattung von Heimeinrichtungen etc. und zu den Bedingungen, zu denen untergebrachte Personen betreut und gepflegt werden, enthält.
§ 8 dieses HGBP schreibt vor, dass die Betreiber von betroffenen Einrichtungen verpflichtet sind, Maßnahmen zu treffen, „um für eine gewaltfreie und menschenwürdige Pflege der Betreuungs- und Pflegebedürftigen Sorge zu tragen“.
In § 23 HGBP kommt dann etwas, was wir alle üblicherweise vom Straßenverkehrsrecht her kennen, nämlich ein Ordnungswidrigkeitstatbestand. Wer nämlich der
Verpflichtung, für eine gewaltfreie und menschenwürdige Pflege zu sorgen, nicht nachkommt, handelt bei Fahrlässigkeit oder Vorsatz ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße bis zu sage und schreibe 25.000,00 EUR belegt werden.
Oft will eine Person eine andere Person bedenken, aber nicht sogleich, sondern erst beim eigenen Versterben. Neben letztwilligen Verfügungen wie Testament und Erbvertrag gibt es hierzu eine weitere Möglichkeit, nämlich einen Vertrag zu Gunsten Dritter auf den Todesfall.
Im klassischen Fall sieht dies etwa so aus, ein Großelternteil hat eine bestimmte Summe auf der Bank oder Sparkasse liegen und begibt sich dorthin, um ein bank- oder sparkassenübliches Formular mit Hilfe seines dortigen Beraters auszufüllen und als Begünstigten etwa einen Enkel einzusetzen. Die vorgehaltenen Formulare sehen oft vor, dass diese Begünstigung unwiderruflich sein soll. Das OLG Saarbrücken hat in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung darauf erkannt, dass solche Vereinbarungen ohne Mitwirkung der begünstigten Person grundsätzlich gerade nicht unwiderruflich, sondern widerruflich sind. Dies kann in der Praxis weitreichende Folgen haben, auch zur Haftung der beteiligten Bank oder Sparkasse führen:
Ist die getroffene Vereinbarung gerade nicht unwiderruflich, kann der Erbe oder können die Erben sie nach dem Tod bis zur Annahme durch die begünstigte Person noch widerrufen. Es kommt hierbei zum berühmten Wettlauf zwischen den Erben und dem Übermittler des Schenkungsangebotes.
Die vom OLG Saarbrücken angenommene Widerruflichkeit hat aber noch weitergehende Konsequenzen, nämlich diejenige, dass der Vertrag zu Gunsten Dritter auf den Todesfall anfechtbar bleibt nach der Insolvenzordnung bzw. nach dem Gläubigeranfechtungsgesetz. Für beide Gesetze gibt es Fristen, die aber bei Annahme er Widerruflichkeit des Vertrages zu Gunsten Dritter auf den Todesfall nicht zu laufen beginnen. Bei Unwiderruflichkeit wäre dies anders, dann laufen die Fristen mit Abschluss des Vertrages zu Gunsten Dritter auf den Todesfall.
Schließlich sind Schadenersatzansprüche denkbar, wenn ein Beteiligter im Hinblick auf die Verwendung des Ausdruckes „unwiderruflich“ davon abgehalten wird, zu intervenieren, man denke beispielsweise an einen Erben, der geltend machen könnte, im Hinblick auf die scheinbar vereinbarte Unwiderruflichkeit sei er davon abgehalten worden, den Vertrag zu Gunsten Dritter nach dem Tode desjenigen, der mit dem Vertrag etwas wegschenken will, zu widerrufen. Der durch den Vertrag Begünstigte, also derjenige, der am Ende das Geld erhalten soll, könnte eine Haftung daraus ableiten wollen, dass keine wirklich unwiderrufliche Ausgestaltung erfolgt ist. Außerdem besteht bei Widerruflichkeit die Gefahr, dass Gläubiger des Vertragsinhabers (=Großelternteil/Schenkender) in den Vertrag hineinpfänden, so lange keine Unwiderruflichkeit hergestellt ist. Daraus könnte dann der Schenkungsempfänger (=Enkel) unter Umständen Schadenersatzansprüche gegen die beteiligte Bank/Sparkasse ableiten.
Für alle Beteiligten gilt also: Wenn Unwiderruflichkeit mit allen Konsequenzen gewollt ist, muss diese auch rechtssicher hergestellt werden. Dies erreicht man, indem man den Dritten (=Begünstigten/Enkel) direkt beteiligt, indem er das Angebot, den Vertrag auf ihn zum Todeszeitpunkt des Schenkers zu übertragen, direkt per Unterschriftsleistung und entsprechendem Text annimmt.
Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18