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Rechtstipp 04/13 – Vorsorgevollmacht und Unterschriftsbeglaubigung

Schon in früheren Rechtstipps habe ich darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht zu errichten. Die Vorsorgevollmacht soll dazu dienen, dass derjenige, der seine Rechtsgeschäfte nicht mehr selbst verrichten kann, eine bevollmächtigte Person hat, wodurch ein gerichtliches Betreuungsverfahren vermieden werden kann.

Allerdings muss die Vorsorgevollmacht möglichst umfassend sein, sonst wird unter Umständen wegen spezieller Teilbereiche doch ein gerichtliches Betreuungsverfahren notwendig. Aus diesem Grunde noch einmal die generelle Warnung, eine Vorsorgevollmacht beispielsweise einfach aus dem Internet zu ziehen, und auszufüllen oder abzuschreiben, hier besteht in aller Regel keine Gewähr für die unbedingt nötige Qualität.

Abgesehen von diesem generellen Tipp hat sich aber im Laufe der Jahre herauskristallisiert, dass bei der Vorsorgevollmacht die Echtheit der Unterschrift bestätigt

werden sollte, dafür sind in Hessen die Ortsgerichtsvorsteher oder die Notare zuständig. Das Zauberwort nennt sich Unterschriftsbeglaubigung. Diese kann auch bei bestehenden Vorsorgevollmachten einfach nachgeholt werden, indem die Urkundsperson auf der Urkunde bestätigt, der Urkundenaussteller hat die Echtheit seiner Unterschrift bestätigt.

Zwei Beispiele mögen zeigen, was es mit der Unterschriftsbeglaubigung auf sich hat:

Eine Mutter überschreibt ihrer Tochter ihr Einfamilienhaus und behält sich ein lebenslängliches Wohnungsrecht vor. Gleichzeitig erteilt sie der Tochter eine Vorsorgevollmacht mit beglaubigter Unterschrift und befreit die Tochter vom Verbot des Selbstkontrahierens (dies bedeutet, die Tochter kann einen Vertrag zwischen ihr und der Mutter allein zustande bringen). Dann muss die Mutter die Wohnung im Haus aufgeben und wird notwendigerweise in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht. Das Haus steht leer und verfällt mit jedem Monat mehr. Die Tochter würde der Mutter gerne das Wohnungsrecht abkaufen, um das Haus verkaufen zu können. Hierbei entbrennt Streit mit dem Sozialamt, welches für das Wohnungsrecht einen Preis von 25.000,00 EUR als angemessen erachtet, das Sozialamt spielt eine Rolle, weil es einen Teil der Heimkosten der Mutter finanziert. Die Tochter bittet mich um Rat, ich habe das Wohnungsrecht dann näher überprüft und bin zu dem Ergebnis gelangt, dass 12.000,00 EUR als Kaufpreis für das Wohnungsrecht durchaus angemessen erscheinen. Die Tochter fragt, wie man das Ganze nun umsetze. Dies ist einfach, wenn man sich auskennt: Ich habe der Tochter eine Urkunde entworfen, in der es heißt, dass sie der Mutter für 12.000,00 EUR das Wohnungsrecht abkauft, die Mutter verzichtet auf ihr Wohnungsrecht und bewilligt dessen Löschung im Grundbuch. Diese eine Urkunde (ohne Notar) unterschreibt die Tochter einmal links und einmal rechts unten, einmal für die Mutter und einmal für sich selbst. Die beschriebene Vorsorgevollmacht mit beglaubigter Unterschrift macht dies möglich! Gemeckert hat am Ende das Sozialamt mit dem Hinweis, man habe doch 25.000,00 EUR haben wollen, return diesbezüglich: dumm gelaufen!

Im zweiten Beispielsfall für die Notwendigkeit der Unterschriftsbeglaubigung bei der Vorsorgevollmacht gibt es ein älteres Ehepaar mit einer Tochter und einem gemeinschaftlichen Testament dahingehend, erst erbt der Längstlebende, Schlusserbin wird die Tochter. Dann kommt der Vater mit schwerer Demenz ins Heim, kurz darauf verstirbt die vermögende Mutter. Die Tochter ist verzweifelt, sie sieht die Gefahr, dass die Heimkosten für den Vater die Erbschaft im Laufe der Jahre vollkommen aufzerren können. Auch hier ist die Empfehlung, wenn man es weiß, einfach: Ich habe die Tochter mit Personalausweis und Vorsorgevollmacht zum Nachlassgericht geschickt, um für den Vater die Ausschlagung der Erbschaft zu erklären, so dass die Erbschaft der Mutter sofort bei ihr selbst, also der Tochter, anfällt. Die Ausschlagungserklärung ist nur mit beglaubigter Unterschrift wirksam, weil es im Gesetz einfach so angeordnet ist. Die Ausschlagung ist eine Gestaltungserklärung, sie kann weder sittenwidrig, noch irgendwie anfechtbar sein. Hier geht die Vollmacht sogar weiter als eine gerichtliche Betreuung, weil ein bestellter Betreuer bräuchte nach dem Gesetz die Genehmigung des Betreuungsgerichtes für die Ausschlagung. Ob diese erfolgen würde, dies erscheint zweifelhaft. Eine solche Vollmacht hilft beispielsweise auch dann, wenn ein entfernter Verwandter verstirbt und der Nachlass überschuldet ist, der Bevollmächtigte kann dann mit der Vollmacht einfach die Ausschlagung erklären. Wer sich brüstet, er habe keinerlei verschuldete Personen in seiner Verwandtschaft, möge sich nicht sicher füllen, ein Nichtsnutz aus der Nachbarschaft könnte auf die Idee kommen, die betreffende Person zu seinem Erben im Testament einzusetzen, um diese Person über den Tod hinaus zu ärgern. Auch dann ist es gut, wenn man ausschlagen kann.

Abschließender Warnhinweis: Bitte keine Selbstversuche ohne fachliche Begleitung, der Teufel steckt bekanntlich im Detail!

Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18