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Rechtstipp 02/13 – Kamelle und Karneval

Die Leser dieses Tipps mögen beruhigt sein, weder bin ich dem Karneval verfallen, noch habe ich vor dem Diktat Alkohol genossen. Aber ein kürzlich in einer Fachzeitschrift zum Schadenersatzrecht veröffentlichter Beitrag gibt mir aktuell Anlass zu den nachfolgenden Hinweisen:

Am gefahrträchtigsten sind im Karneval wohl die überall stattfindenden Umzüge. Hier trifft grundsätzlich jeden Veranstalter eines Narrenumzuges eine Verkehrssicherungspflicht, er hat Verhaltensregeln aufzustellen und ihrer Befolgung durch Aufsichtspersonen sicherzustellen. Die Rechtsprechung begrenzt die Überwachungspflichten durch Kriterien der Geeignetheit und Zumutbarkeit. Strafbare Exzesse einzelner Teilnehmer, beispielsweise vorsätzliche Körperverletzungen, werden dem Teilnehmer nicht zugerechnet.

Die wohl größte Gefahr bei den Umzügen ist die Verletzung durch Wurfmaterial. Das Werfen kleiner, leichter und abstrakt betrachtet ungefährlicher Gegenstände

ist nicht rechtswidrig, weil sozialüblich. Davon nicht mehr gedeckt ist allerdings ein Schmettern von Gegenständen in Kopfhöhe in gerader Linie, auf nahe Entfernung und aus dem Handgelenk. Auch insoweit liegt ein Exzess vor, für den der Veranstalter grundsätzlich nicht haftet.

Kommt es gleichwohl zu einer Verletzung, scheitern Schadenersatzansprüche in den meisten Fällen an der Annahme einer Einwilligung in das Verletzungsrisiko bzw. ein überwiegendes Mitverschulden des Zuschauers. Dieser kann sich durch Beobachtung der Werfer zumutbar schützen oder zur höchstmöglichen Sicherheit sogar außerhalb der Wurfweite aufhalten. Alles andere sieht die Rechtsprechung als bewusstes Risiko an.

Hinsichtlich der Fahrzeuge, die bei Umzügen eingesetzt werden, muss der Veranstalter dafür Sorge tragen, dass Zuschauer nicht zu nah herankommen. Begleitpersonen für die Sicherung der Festwagen müssen vorhanden sein. Unter Umständen ist auch eine Absperrung geboten.

Kommt es zu Verletzungen durch Tiere, die im Zug eingesetzt werden, kommt für den Veranstalter eine Gefährdungshaftung in Betracht.

Bei sogenannten Karnevalsveranstaltungen im Trockenen, also Ballsälen, Lokalen, etc., können immer wieder Schäden und Verletzungen auftreten. Gastwirte und Veranstalter haben beispielsweise Streupflichten einzuhalten, auf die Eingangsbereiche der Veranstaltungsorte ist in besonderem Maße zu achten, weil hier immer wieder durch hereingetragene Feuchtigkeit Stürze erfolgen.

Da im Karneval gerne getanzt wird, werden die Gerichte immer wieder mit der Verkehrssicherheit von Tanzböden befasst. Grundsätzlich muss der Boden bei einer Tanzveranstaltung in verkehrssicherem Zustand gehalten werden, er darf keine besondere Glätte aufweisen. Andererseits hat das Oberlandesgericht München einmal formuliert, eine Tanzfläche müsse spiegelglatt sein, dies sei „ihr Zweck, so wollen es die Leute haben, ein solcher Boden soll die rutschend-gleitende Leichtigkeit des Tanzes fördern, der, wie jeder weiß, Aufmerksamkeit und eine gewisse Körperbeherrschung erfordert“.

Im Wasch- und Toilettenbereich ist vom Veranstalter oder Gastwirt aus mit Rutschgefahr aufgrund erhöhter Verschmutzungen zu rechnen, dies erfordert regelmäßige Kontrollen. Ein Gastwirt soll allerdings nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln nicht damit rechnen müssen, dass ein Gast Verletzungen durch ein in der Toilette abgestelltes Rohrreinigungsmittel erleidet, weil er einen tiefen Schluck aus dieser speziellen Pulle nimmt!!!

Besucher von Karnevalsveranstaltungen sollten sich überlegen, in welchem Maß sie Alkohol zu sich nehmen. Werden sie nämlich in einem Zustand gefilmt und dann im Fernsehen gezeigt, in dem die Artikulationsmöglichkeit mehr als eingeschränkt ist, löst dies keinen Geldentschädigungsanspruch wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechtes aus.

Das traditionelle Abschneiden einer Krawatte bedarf immer einer tatsächlichen Einwilligung ihres Trägers, eine mutmaßliche Einwilligung reicht nicht aus. Allerdings geht die Rechtsprechung davon aus, dass das Tragen einer Krawatte in den Karnevalshochburgen zur Karnevalshochzeit als Einwilligung zu bewerten ist.

Abschließender Hinweis: Wer das zu Karneval beliebte Fettgebäck zu Hause selbst herstellt, muss dafür sorgen, dass er das erhitzte Fett nicht auf der einschalteten Herdplatte vergisst, wenn er das Haus zu weiterem Karnevalstreiben verlässt. Andernfalls muss er bei einem Brand damit rechnen, dass die Gebäudeversicherung zu Recht eine Leistungskürzung in erheblichem Umfang geltend macht.

Ich schließe mit einem dreifach donnernden Helau!!!

Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18