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Rechtstipp 08/12 – Grabnutzungsrecht und Umbettung

Das Landgericht Ulm hat kürzlich eine Entscheidung getroffen, die man leitsatzmäßig wie folgt zusammenfassen kann:
„Wer die Leichen bzw. Urnen der Eltern ohne Ausübung des Totenfürsorgerechts umbetten lässt, stört deren Totenruhe und ist den Geschwistern zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verpflichtet. Das Totenfürsorgerecht folgt nicht aus dem Grabnutzungsrecht.“

Zugrunde gelegen hat Folgendes:

Vier Geschwister haben nach dem Tod ihrer Eltern über die Frage gestritten, auf welchem Friedhof deren Urnen beigesetzt werden sollten. Zunächst war die Mutter verstorben, die vom Vater eingeäschert und in einer Urne bestattet worden war. Der verstorbene Vater ist dann neben seiner Ehefrau in einer weiteren Urne bestattet

worden. In einer besonderen Form von Grabpflege haben die vier Schwestern jeweils den Blumenschmuck der anderen vom Elterngrab entfernt. So war zumindest ständig für frischen Grabschmuck gesorgt.

Die Beklagte des Rechtsstreites beim Landgericht Ulm hat dann bei der Kommune beantragt, auf sie das Grabnutzungsrecht umzuschreiben. Anschließend hat sie die Urnen der verstorbenen Eltern umbetten lassen in den 24 km von der bisherigen Grabstätte entfernten Friedhof ihres Wohnortes. Diese Maßnahme hat die beklagte Schwester damit gerechtfertigt, sie sei Inhaberin des Grabnutzungsrechtes.

Damit hatte sie allerdings vor dem Landgericht Ulm nicht nur kein Glück, sondern es ist auch noch Pech hinzugekommen:

Das Landgericht hat allen Klageanträgen der drei übrigen Schwestern stattgegeben. Hierbei hat das Gericht darauf hingewiesen, dass eine Umbettung nur ausnahms-weise dann in Betracht kommt, wenn ein dringender, sittlich gerechtfertigter Grund hierfür vorliegt. Ein solcher war im konkreten Fall weit und breit nicht zu erkennen.

Daher hat das Landgericht Ulm zum einen dem Anspruch auf Wiederherstellung der ursprünglichen Grabstätte der Eltern im Wege der Rückumbettung stattgegeben, zum anderen und darüber hinaus aber auch darauf erkannt, dass die beklagte Schwester ihren drei übrigen Schwestern ein Schmerzensgeld zahlen muss. Dies rechtfertigt sich für das Landgericht Ulm aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes der übrigen drei Schwestern. Diesen war durch das eigenmächtige Handeln der Beklagten jegliche Möglichkeit genommen, das Totenfürsorgerecht für die Eltern wahrzunehmen und die Störung der Totenruhe zu verhindern. Mit Blick auf die Uneinsichtigkeit der beklagten Schwester hat das Landgericht Ulm für jede der übrigen drei Schwestern ein Schmerzensgeld von 500,00 EUR festgesetzt.

Wer derartigen Unfug unter seinen Kindern oder sonstigen Verwandten verhindern will, dem kann nur geraten werden, eine Bestattungsanordnung zu treffen.

Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18