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Rechtstipp 09/11 – Prozesskosten im Steuerrecht

Als zwangsläufige Aufwendungen hat die Rechtsprechung Zivilprozesskosten bisher nur dann anerkannt, wenn es um existenziell wichtige Bereiche gegangen ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt eine bemerkenswerte Kehrtwende vollzogen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass Zivilprozesskosten grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend gemacht werden können.

Der BFH hat sinngemäß ausgeführt, den Parteien eines Zivilprozesses, gleich ob Kläger oder Beklagter, würden die Prozesskosten mangels einer Alternative zum staatlichen Gerichtsweg zwangsläufig entstehen und seien dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Hierbei macht der BFH die Einschränkung, dass die

Prozesskosten nur dann als unausweichlich und damit steuerlich anerkennungsfähig gelten, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hin-reichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies bedeutet in der Praxis nichts anderes, als dass das Finanzamt eine überschlägige Einschätzung vornehmen muss, ob ein Zivilprozess Aussicht auf Erfolg verspricht oder nicht. Auf diese Bewertungen darf man gespannt sein.

Ausdrücklich hat der BFH festgestellt, soweit eine Rechtsschutzversicherung Kosten abdeckt, sind diese nicht mehr steuerlich als außergewöhnliche Belastung absetzbar. Im Familienrecht wird es jetzt grundsätzlich so ein, dass nicht nur die Kosten des reinen Scheidungsverfahrens, sondern auch die Kosten der anderen Verfahren absetzbar sind.

Offen lässt das Urteil des BFH, was bei Honorarvereinbarungen mit Anwälten ist und wie es sich mit der Absetzbarkeit außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verhält. Gerade letztere Frage ist umso bedeutsamer, als der Gesetzgeber immer mehr Wert darauf legt, außergerichtliche Streitbeilegungen zu fördern und zu belohnen. Offen ist auch, wie die Finanzverwaltung künftig mit den Kosten eines Verwaltungsgerichtsverfahrens oder eines Strafverfahrens umgehen wird. Kosten solcher Verfahren sollten auf jeden Fall als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.

Auch wenn in der Literatur zu der neuen Rechtsprechung des BFH Begriffe wie „revolutionär“ verwendet werden, so sollte man das Ganze nicht überbewerten. Bei außergewöhnlichen Belastungen hat der Steuerpflichtige immer denjenigen Anteil ohne Steuerreduzierung selbst zu tragen, der als zumutbare Belastung gilt. Diese zumutbare Belastung geht von 1 bis 7 % und hängt von der Einkommenshöhe und den persönlichen Verhältnissen (insbesondere Kinderzahl) des jeweiligen Steuerpflichtigen ab.

Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18