Obwohl der Kauf einer Immobilie beispielsweise in einem Notariat eine eher alltägliche Sache ist, gibt es immer wieder Überraschungen, mit denen insbesondere die Käuferseite nicht gerechnet hat. Hierzu folgende Erfahrungen aus der Praxis:
Ein junges Ehepaar kauft in der hiesigen Region ein schon längere Zeit stehendes Haus. Plötzlich bekommt das Paar Post vom Katasteramt mit dem Hinweis, das jahrelang bereits bestehende Haus sei überhaupt noch nicht im Liegenschaftskataster eingetragen. Das Paar hat sich dann sofort nach den entstehenden Kosten erkundigt, die von dem Katasteramt mit etwas über 500,00 EUR angegeben worden sind. Damit hat sich natürlich die weitere Frage gestellt, wer muss für diese
Einmessungskosten aufkommen, der Verkäufer oder das junge Paar als Käufer. Rechtsprechung und Literatur zu diesem Problem hat sich keine finden lassen, es ist dann zu einem Arrangement zwischen den beiden Vertragsparteien gekommen, dass jeder die Hälfte getragen hat. Aus Käufersicht kann im notariellen Erwerbsvertrag ein Passus, dass etwa noch anfallende Einmessungskosten vom Verkäufer zu tragen sind, nicht schaden. Mir ist übrigens ein anderer Fall untergekommen, wonach eine ca. 30 Jahre bestehende Garage noch nicht eingemessen gewesen ist.
In einem anderen, tatsächlich gelaufenen Fall hat die mit bloßem Auge sich darstellende Grenze nicht gestimmt, hatte also einen anderen Verlauf. Die Folge ist für den Käufer von erheblicher Bedeutung gewesen, weil der von der Optik abweichende Grenzverlauf dem Nachbarn die Möglichkeit gegeben hat, auf seinem Grundstück noch ein weiteres Gebäude zu errichten. Hätte der Käufer dies gewusst, hätte er das Objekt erst gar nicht erworben. Maßgeblich ist im Zweifel aber, was im Grundbuch steht und was sich aus der Karte des Liegenschaftskatasters ergibt.
Die Karte des Liegenschaftskatasters ist der nächste interessante Aspekt. Es kommt gar nicht so selten vor, dass kataster- und grundbuchmäßig zwei Grundstücke sich in der Optik nur als eines darstellen. Wenn dann noch eine besondere Größe hinzukommt, kann es schnell und leicht vorkommen, dass bei bloßer Beachtung der Angaben aus dem Grundbuch das eine Grundstück gar nicht mit erworben wird. Hier hilft nur die Karte aus dem Liegenschaftskataster (Kosten in Hessen bei ca. 25,00 EUR).
Letzter Aspekt ist die Unterscheidung zwischen Erschließungskosten und Hausan-schlusskosten. Kauft man ein Grundstück „voll erschlossen“, bedeutet dies nur, dass Wasser-, Abwasser-, Gas- und Stromanschlüsse bis zum Grundstück geführt sind. Von dort bis zum Haus erfolgt der sogenannte Hausanschluss mit separaten Kosten. Ob bei „voll erschlossen“ auch die Hausanschlusskosten beinhaltet sind, ist rechtlich zumindest fraglich und zweifelhaft. Es gibt zwar eine Entscheidung des OLG Koblenz, wonach die Hausanschlusskosten zu den Erschließungskosten gehören sollen, dies wird aber nicht immer und überall so gesehen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte diesen Punkt im notariellen Erwerbsvertrag klar regeln.
Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18