Wir Deutschen sind tendenziell behördengläubig. Dies gilt erst recht für ältere Mitmenschen.
Folgender Fall ist in meiner Praxis ganz real wie folgt abgelaufen:
Zu mir kommen Mandanten, denen die Mutter/Schwiegermutter, nachfolgend liebevoll Omi genannt, ein Haus übertragen hat, Omi hat sich an einer Etage ein Wohnungsrecht vorbehalten. Als der Gesundheitszustand von Omi so schlecht geworden ist, dass sie in ein Heim hat umziehen müssen, hat die Sozialbehörde (eine hiesige Kreisverwaltung) dazuzahlen müssen.
Diese Sozialbehörde hat sich dann an meine Mandanten gewandt und die Erstattung von Zahlungen für Omi mit der Begründung verlangt, da das Wohnungsrecht
von Omi nicht mehr ausgeübt werden könne, müsse dafür von meinen Mandanten eine Leistung erbracht werden.
Gutgläubig haben meine Mandanten einige Monate lang gezahlt, bevor sie mich konsultiert haben. Hierzu muss man wissen, dass der Bundesgerichtshof jetzt schon in mehreren Entscheidungen eindeutig erkannt hat, dass in diesen Fällen, wenn es keine besonderen Abreden gibt, von den Übernehmern der Immobilie, hier also meinen Mandanten, keine Zahlung für die Nichtausübung des Wohnungsrechtes verlangt werden kann.
Die entsprechend von mir angeschriebene Sozialbehörde hat dann erklärt, sie erkenne dies an und werde jetzt keine Zahlungen mehr verlangen. Eine Rückzahlung der aus meiner Sicht im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung zu Unrecht geforderten Beträge hat sie abgelehnt. Auch auf die Androhung einer Klage hat sie nur die kalte Schulter gezeigt.
Die Frage, ob bei einer solchen Fallgestaltung die gezahlten Beträge unter dem Gesichts-punkt der Amtshaftung zurückzuerstatten sind, ist in Deutschland, soweit für mich ersichtlich, noch nicht entschieden. Nach Erörterung des Prozess- und Kostenrisikos habe ich dann für die Mandanten Klage zum Landgericht in Koblenz erhoben. Selbst danach hat die Sozialbehörde nicht klein beigegeben, sodass es zur mündlichen Verhandlung in Koblenz gekommen ist. Die dortige Kammer ist bestens vorbereitet gewesen und hat mir in einer umfassenden Erörterung der Sach- und Rechtslage Recht gegeben, sie hat eine Amtshaftung bejaht, weil der Sachbearbeiter die einschlägige Rechtsprechung hätte kennen müssen. Zu einem Urteil ist es nur deshalb nicht gekommen, weil man sich im Hinblick auf den Umstand, dass die Sozialbehörde und meine Mandanten wegen Omi ständig miteinander zu tun haben, auf eine Teilrückzahlung verglichen hat. Erleichtert hat den Vergleich, dass die bis dato geflossenen Zahlungen nicht allzu hoch waren.
In einem ähnlich gelagerten Fall, hier ist es um Zahlungen für einen volljährigen, im betreuten Wohnen untergebrachten Sohn gegangen, hat sich Hartnäckigkeit gegenüber der Behörde auch bezahlt gemacht. Hier hat man behördenseits zunächst 728,40 EUR gefordert, um sich am Ende mit sage und schreibe 27,69 EUR zufrieden zu geben. Es gilt wieder einmal der alte Sponti-Spruch: “Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!“
Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg Telefon: 06431 / 2 42 06, Telefax: 06431 / 63 18