Weithin unbekannt ist, dass jeder Bevollmächtigte spätestens am Ende seiner Tätigkeit für den Vollmachtgeber diesem Auskunft darüber erteilen und Rechnung legen muss, welche Rechtsgeschäfte er mit Hilfe der Vollmacht getätigt hat. Dies ist im Gesetz (§ 666 BGB) klar geregelt und erscheint auf den ersten Blick auch unproblematisch. So ist es aber im Alltag keinesfalls!
Zwei kurze Fallgestaltungen mögen dies verdeutlichen:
Man stelle sich eine betagte Mutter mit einer lieben Tochter und einem bösen Sohn vor. Die Tochter kümmert sich rührend um die Mutter, besorgt ihr alles, holt ihr
mit Hilfe einer Vollmacht Geld von der Bank, kauft für sie ein, etc.. Oft erklärt die Mutter der Tochter, wenn sie Geld von der Bank abgeholt habe, sie möge sich einen Teil davon für ihre treuen Dienste behalten. Nachdem die Mutter eines Tages verstirbt, wird sie, ein Testament ist nicht gemacht, von Tochter und Sohn zu gleichen Teilen gesetzlich beerbt. Der Sohn, der sich jahrelang überhaupt nicht um die Mutter gekümmert hat, hat den Auskunftsanspruch der Mutter, der sich aus der Bevollmächtigung seiner Schwester ergeben hat, mitgeerbt und fordert die Schwester auf, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, was sie alles mit der Vollmacht für die Mutter getätigt hat. Insbesondere, wo die von der Bank geholten Gelder verblieben sind, die Tochter hat sich natürlich von der Mutter nichts quittieren lassen und Zeugen sind auch keine vorhanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes obliegt es der Tochter, im Einzelnen zu beweisen, was mit den von der Bank geholten Geldbeträgen geschehen ist, kann die Tochter dies nicht beweisen, hat sie die Beträge noch einmal in den Nachlass einzuzahlen.
Die zweite Fallgestaltung betrifft eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Stellt hier einer dem anderen oder gar beide wechselseitig sich eine Vollmacht aus, dann können beim Versterben des einen Partners dieser Gemeinschaft dessen Erben von dem anderen Auskunft und Rechnungslegung darüber verlangen, was alles mit der Vollmacht getätigt worden ist.
Auf diese Rechtsfolge der Auskunftserteilung und Rechnungslegung ist kaum jemand vorbereitet. Unlängst habe ich bei einem Vortrag bei einer Bank erlebt, dass nicht einmal den Bankmitarbeitern bewusst gewesen ist, dass auch mit einer bloßen Bankvollmacht am Ende die Pflicht der Auskunftserteilung und Rechnungslegung steht. Problematisch wird diese Pflicht in denjenigen Fällen, wo der Vollmachtgeber verstirbt und nicht ausschließlich vom Bevollmächtigten beerbt wird und in Fällen, in denen Vollmachtgeber und Bevoll-mächtigter uneins werden.
Was lässt sich gegen diese Problematik tun? Einfach ist es, in der Vollmachtsurkunde die Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht auszuschließen. Dies ist rechtlich sehr weitgehend möglich, nur wo wirklich Unregelmäßigkeiten auftauchen, gilt der Ausschluss nicht. Ohne einen solchen Ausschluss bleibt dem Bevollmächtigten nur die Möglichkeit, über alle mit Hilfe der Vollmacht getätigten Geschäfte genau Buch zu führen und sich den Empfang von Geldbeträgen quittieren zu lassen, in Fällen, in denen dies beispielsweise infolge des Gesundheitszustandes des Vollmachtgebers nicht mehr möglich ist, sollten neben einer genauen Buchführung für alle Vorgänge Zeugen vorhanden sein.
Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg