Nachdem der Versorgungsausgleich aus dem BGB ausgegliedert worden ist, kann man mit Fug und Recht sagen, dass das Erbrecht im 5. und letzten Buch des BGB dessen schwierigste Materie ist. Obwohl wir in einer Informationsgesellschaft leben, gibt es rund um das Erbrecht immer wieder dieselben Irrtümer und relativ leicht behebbare Informationsdefizite.
Der erste generelle Irrtum beim Erbrecht liegt darin, dass viele Betroffene nach einem Erbfall darauf warten, dass andere, beispielsweise das Nachlassgericht, auf sie zukommen. Dies ist nur insofern richtig, als das Nachlassgericht bei Bekanntwerden eines Erbfalles Fragebögen zur Erfassung des Erblasservermögens versendet.
Dabei geht es dem Gericht dann zunächst einmal nur darum, den Nachlasswert für die Gerichtskostenerhebung zu ermitteln.
Wie überall im Rechtsleben, laufen auch im Erbrecht Fristen. Am schnellsten die relativ kurze Frist für die Ausschlagung einer Erbschaft von 6 Wochen ab sicherer Kenntnis über die erbrechtlich maßgeblichen Verhältnisse. Natürlich ist dies oft eine Phase von größter Betroffenheit, Trauer und Schmerz. Das Gesetz nimmt darauf keine Rücksicht. Wer gesetzlich oder testamentarisch als Erbe in Betracht kommt und 6 Wochen einfach nichts tut, wird dann automatisch Erbe.
Oft erhebt sich die Frage, ein Erbe annehmen oder ausschlagen. Die Frage ist oft innerhalb der 6 Wochen mangels genauer Kenntnisse über die Nachlassverhältnisse nicht sicher zu beantworten. Dies ist aber weit weniger schlimm, als die meisten Betroffenen meinen, denn in diesen Fällen stellt sich nur folgende Frage:
Man kann das Erbe ausschlagen und ist alles los und hat keinen Aufwand. Man kann aber auch das Erbe annehmen und im schlimmsten Fall seine Haftung auf den Nachlass begrenzen, sodass diese Fälle gleichsam ein Nullsummenspiel sind. Die Variante Haftungsbegrenzung ist nur mit etwas mehr Aufwand als die schlichte Ausschlagung verbunden.
Wichtig ist, wenn sich die Ausschlagungsfrage stellt, dass man möglichst schnell (wegen der kurzen Frist) fachlichen Rat sucht. Zwei Beispiele aus der jüngsten Praxis bestätigen dies:
Als Nachlasspfleger verwalte ich derzeit einen Nachlass mit einer werthaltigen Immobilie, die zwar bankbelastet ist, bei der aber bei normalem Verlauf der Dinge eine Summe in der Größenordnung von 60.000 bis 80.000,00 EUR übrig bleiben wird. Gleichwohl gibt es zu diesem Erbfall bisher sage und schreibe 57 Ausschlagungen, zunächst haben die Brüder des Verstorbenen fast panikartig wegen befürchteter Überschuldung ausgeschlagen, die dann an die Reihe kommenden weiter entfernten Verwandten haben es ihnen gleichgetan. Eine weit entfernte junge Frau hat auch schon ausschlagen wollen, dann aber in letzter Sekunde eine Mitarbeiterin von mir, mit der sie befreundet ist, befragt, die ihr geraten hat, erst einmal Rücksprache mit mir zu nehmen. So wie es aussieht, wird diese junge Frau jetzt Alleinerbin.
Die Nachlassabteilung des Amtsgerichtes hat mir zu diesem Fall berichtet, man habe schon einmal erlebt, dass eine Miterbin unter den anderen mit großer Energie das Gerücht gestreut habe, der Nachlass sei überschuldet. Ohne sich näher zu informieren, haben alle übrigen Miterben ausgeschlagen, am Ende hat die Gerüchtestreuerin das Erbe allein vereinnahmt. Hier hilft kein irdisches Gericht, frühzeitiger anwaltlicher Rat hätte es vielleicht für die übrigen Miterben getan!
Rechtsanwalt Thomas Stein, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht, m Zehntenstein 23, 65549 Limburg