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Rechtstipp 08/09 - Pflegezeitgesetz

Das Pflegezeitgesetz versteht sich als eine der neusten Großtaten des Gesetzgebers (so wörtlich eine Autorin in einem Fachaufsatz). Es geht bei dem Pflegezeitgesetz darum, dass Arbeitnehmer die Pflege besser an den Bedürfnissen und Wünschen ihrer pflegebedürftigen Angehörigen ausrichten können. Hierzu regelt das Pflegegesetz grundsätzlich zwei Situationen:

1. Bei unerwartetem plötzlichem Eintritt einer Pflegesituation eines nahen Angehörigen hat der Arbeitnehmer (AN) das Recht, bis zu 10 Arbeitstage der Arbeit fern zu

bleiben, um die Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen.

2. Bei längerer Pflege naher Angehöriger in häuslicher Umgebung können AN bis zu 6 Monate Pflegezeit in Anspruch nehmen.
Für AN problematisch ist, dass das Pflegezeitgesetz unter den darin geregelten Voraussetzungen ein Leistungsverweigerungsrecht zubilligt. Der AN trägt aber das Risiko, dass er die Rechtslage falsch einschätzt, anderenfalls verletzt er seine vertragliche Pflicht zur Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber (AG) kann mit Abmahnung und Kündigung reagieren.

Dem AG ist auf Verlangen eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit vorzulegen.

Wenn es keine vertragliche Regelung gibt, muss der AG in der Pflegezeit das Entgelt weiter bezahlen. Er kann, was für die Zukunft befürchtet wird, aber in neuen Arbeitsverträgen die Entgeltfortzahlung ausschließen.

Das Gesetz gilt nur bei entsprechender Betriebsgröße, nämlich mehr als 15 AN.
Der AN hat seinen Anspruch auf Freistellung vor Beginn der Pflegezeit schriftlich anzukündigen und zu erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll.

Trotz Inanspruchnahme der vollen Pflegezeit von 6 Monaten erhält der AN seinen ungekürzten Urlaubsanspruch.

Zum Schutz des AN darf der AG ab Ankündigung der Pflegezeit nicht mehr kündigen, es sei denn, mit Zustimmung der zuständigen Behörde.

In diesem Zusammenhang wird das Beispiel angeführt, dass ein strategisch denkender AN, der seinen Arbeitsplatz gefährdet sieht und/oder sich über die Probezeit hinaus retten will, Pflegezeit Monate im Voraus ankündigt!? Dagegen soll nur der Rückgriff auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) helfen, wonach die sehr zeitige Ankündigung der Pflegezeit als rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich angesehen werden kann.

Insgesamt ist zu konstatieren, dass das Pflegezeitgesetz schlecht gemacht ist, es enthält für beide Seiten jede Menge Fallen. Inwieweit es in der Praxis in Anspruch genommen wird, bleibt abzuwarten. Hierüber gibt es im Moment noch keine gesicherten Erkenntnisse.

Rechtsanwalt Thomas Stein, Am Zehntenstein 23, 65549 Limburg