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Rechtstipp 05/08 - Grabpflege

Es gibt nichts, worüber man nicht streiten könnte. Das Fachbuch „Der Fachanwalt für Erbrecht“ beinhaltet ein Kapitel mit dem Thema „Rund um die Beerdigung“ mit sage und schreibe rund 70 Seiten. Ein Teilbereich dieser 70 Seiten befasst sich mit Streitigkeiten rund um die Grabpflege, deren Bedeutung gerade in den katholischen Landstrichen unserer Region kaum hoch genug eingeschätzt werden kann. Auf manchen Friedhöfen wird geradezu gewetteifert, als ginge es jeweils „um das Grab des Monats“.

Zum Thema möge folgender Fall gebildet werden:

 M und F lassen sich scheiden, der minderjährige Sohn bleibt bei M. Er verunglückt später tödlich. M regelt alle Fragen der Bestattung, F bringt dann regelmäßig Blumen zum Grab, die genauso regelmäßig von M wieder weggeräumt werden. F möchte aber, dass ihre Blumen auf dem Grab liegen bleiben.

Zu alldem gilt:

Die Rechte und Pflichten zur Grabpflege obliegen grundsätzlich dem Nutzungsberechtigten des Grabes. Dies ist hier der M, der von der Friedhofsverwaltung das Nutzungsrecht für die Grabstätte erworben hat. F hätte zusammen mit M Nutzungsberechtigte der Grabstätte werden können, hat sie aber verabsäumt. Nachträglich lässt sich Derartiges nicht mehr korrigieren.

Ob Personen, die nicht nutzungsberechtigt sind, ein Grab schmücken dürfen, ist mangels einschlägiger Vorschriften und fehlender Rechtsprechung etwas schwierig zu beantworten:

Ausgangspunkt für eine Antwort ist das Recht der Totenfürsorge. Hier gilt:

1. Vorrang haben ausdrückliche Anordnungen des Verstorbenen.
2. Gibt es keine solchen Anordnungen, wird auf dessen mutmaßlichen Willen abgestellt.
3. Lässt sich ein solcher mutmaßlicher Wille nicht ermitteln, obliegt es den Angehörigen des
Verstorbenen, die Totenfürsorge unabhängig vom Erbrecht in folgender Reihenfolge
auszuüben: Ehegatte, volljährige Kinder, Eltern, Großeltern, volljährige Geschwister, Enkelkinder (ich vermisse in der juristischen Literatur den eingetragenen Lebenspartner, der vermutlich anstelle des Ehegatten ganz vorne in der Reihe steht).

Im Beispiel sind M und F gemeinsam zur Totenfürsorge berufen. Damit hat die F das Recht, das Grab mit einem Blumenstrauß zu schmücken. Gegen M hat sie einen Unterlassungs-anspruch, dass er ihre Blumen nicht sofort wieder abräumt.

Für M beinhaltet der Fall auch eine strafrechtliche Komponente. Da er die Blumen nicht sofort, sondern erst nach Verwelken entfernen darf, erfüllt er mit seinem frühzeitigen Abräumen den Tatbestand des Diebstahles. Der Grabschmuck wird mit der Niederlegung am Grab nicht herrenlos, er verbleibt vielmehr im Eigentum der Person, die ihn am Grab niedergelegt hat. Erst wenn der Zustand des Verwelkens erreicht ist, wird im Geiste das Eigentum aufgegeben.

Wer nun glaubt, dieser am 01. Mai 2008 verfasste Beitrag sei etwa vom Maibock beeinflusst, der irrt und kann sich überzeugen bei Gemmer, Erbrecht effektiv 2006, Seite 2006 f..

Rechtsanwalt Thomas Stein Am Zehntenstein 23 65549 Limburg