Zum 01.01.2008 ist das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Kraft getreten. Insbesondere im Bereich der Leistungsfreiheit der Versicherer gilt es, künftig umzudenken.
Nach altem VVG hat das Alles- oder Nichts-Prinzip gegolten. Dies ist nun anders:
- Bei vorsätzlichem Verschulden des Versicherungsnehmers bleibt es in vollem Umfange
bei der bisherigen Regelung, der Versicherungsnehmer geht leer aus, der Versicherer ist leistungsfrei;
- bei grober Fahrlässigkeit soll der Versicherungsnehmer aber nicht mehr leer ausgehen, der Versicherer ist aber berechtigt, seine Leistung entsprechend der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers zu kürzen.
Bei alldem ist Folgendes zu bedenken:
Gerade bei Vollkaskoversicherungsverträgen haben eine Reihe von Versicherern in ihren Bedingungen einen Verzicht auf den Einwand der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles aufgenommen. Ausgenommen sind lediglich die Fälle einer grob fahrlässigen Ermöglichung des Diebstahles des Fahrzeuges oder seiner Teile und die Herbeiführung des Versicherungsfalles durch Alkohol oder Drogen. Liegt ein solcher Verzicht vor, erhält der Versicherungsnehmer, die eben dargestellten Ausnahmen ausgenommen, auch bei grober Fahrlässigkeit die volle Leistung.
Hochstreitig dürfte es künftig werden, wie denn die Kürzungsquoten ermittelt werden sollen. Schon bisher war es schwierig, die Grenzen zwischen den gängigen Verschuldensformen Vorsatz, grobe und leichte Fahrlässigkeit festzustellen, nunmehr ist innerhalb derselben Schuldform, nämlich der groben Fahrlässigkeit, der zutreffende schwere Grad zu ermitteln.
Rechtssprechung gibt es logischerweise zum neuen Recht noch nicht, es werden momentan Kürzungsquoten von 25, 50 und 75 % für leichte, mittlere und schwere grobe Fahrlässigkeit diskutiert. Wer sich noch ein Gespür für Sprache erhalten hat, wird bei der vorstehenden Begriffswahl den Kopf schütteln!
Wie sieht die Darlegungs- und Beweislast aus?
Das Gesetz geht in Fällen grober Fahrlässigkeit von einer grundsätzlichen Leistungspflicht des Versicherers mit Kürzungsmöglichkeit aus. Ist, wie in der Regel zu erwarten, der schwere Grad des Verschuldens des Versicherungsnehmers streitig, trägt der Versicherer die Beweislast für den von ihm geltend gemachten höheren Schweregrad und die damit verbundene höhere Kürzung der Leistung.
Beim Versicherungsfall ist die Schadensmeldung häufig die entscheidende Weichenstellung. Mit dem neuen VVG kommt es zu neuen und weiteren Differenzierungen. Wer gegenüber den Versicherern optimale Regulierung erreichen will, sollte schon die Schadensmeldung mit seinem Anwalt abstimmen. Der Vorschlag, den Anwalt gleich schon beim schadensstiftenden Vorgang herbeizuziehen, dürfte zu weit gehen!
Rechtsanwalt Thomas Stein Am Zehntenstein 23 65549 Limburg